“Zu der Zeit, als dieser Lkw gebaut wurde, war Benzin knapp und hauptsächlich dem Militär vorbehalten”, erklärt der Dessauer Wolfgang Horn, der Restaurator des Gefährts. “Also musste man kurzerhand nach Alternativen suchen.” Holz war eine. Durch das Verbrennen entsteht ein Gas, das den Motor antreibt. Ein Kessel auf der Ladefläche hinter dem Lkw-Führerhaus und ein Nachreiniger im Bereich der Stoßstange zeugen von außen gut sichtbar von der ungewöhnlichen Technik. Mittlerweile ist aber auch ein zusätzlicher Benzinmotor eingebaut, sagt der 75-Jährige.
Aus gutem Grund: “Die Luft ist unmöglich. Nach dem Gebrauch riecht es wie nach dem Grillen”, beschreibt Horn die Begleitumstände eines benutzten Holzvergasers. Nicht nur in jeder Umweltzone würden die Alarmzeichen wegen der Schadstoffbelastung auf Rot stehen, auch die Inbetriebnahme ist recht umständlich. Eine halbe bis dreiviertel Stunde müsse in der Regel für die Verbrennung des Holzes eingeplant werden, bis das dadurch entstandene Gas den Wagen fahrtüchtig mache, beschreibt der Ruheständler und Hobbytüftler Horn den Aufwand.
Für den 75-Jährigen war der Wiederaufbau des Tatra-Lkw eine Herzensangelegenheit. Anfang der 90er Jahre, als sich der gelernte Schlosser und langjährige Berufskraftfahrer für den Vorruhestand noch zu jung fühlte, nahm Horn bei einem Transportunternehmen in Roßlaus Partnerstadt Ibbenbüren einen Job als Fahrer an.
Der damalige Chef hatte zur Verblüffung Horns in der Garage einen Tatra 27 stehen. Dieses Fahrzeug kannte der Dessauer noch von Junkalor aus den frühen 50er Jahren. Prompt schraubte, hämmerte und polierte Horn nach Dienstschluss an dem Autowrack rum, bis es wieder im ansehnlichen Zustand war. Acht Jahre und unzählige Stunden Arbeit später war dem Schlosser mit der Fertigstellung 1998 sein persönliches Meisterstück gelungen.
Schon die erste Ausfahrt zu einem Oldtimertreffen in Bad Laer war für den Besitzer, seinen ehemaligen Chef, und Horn als Restaurator ein Triumphzug. “Wenn das Auto irgendwo draußen steht, kommen immer die Massen geströmt”, ist er noch heute stolz auf die Anziehungskraft des von ihm aufgepeppten Gefährts. Schließlich ist der Tatra 27 nicht nur wegen des Antriebs eine Rarität. Nur noch sehr wenige fahrtüchtige Exemplare vermutet der Dessauer im gesamten Bundesgebiet.
Seit Horn vor zwölf Jahren in Rente ging, war das Fahrzeug noch auf einigen Messen und Oldtimertreffen überwiegend im Westen Deutschlands zu sehen. Seit dem vorigen Herbst ist das Dessauer Technikmuseum “Hugo Junkers” in der Kühnauer Straße die neue Heimat des Tatra 27. Chauffiert wurde der Oldie von einem modernen 40 Tonner von Ibbenbüren an die Mulde. Nur rumstehen ist auch hier nicht. Die 300-Jahrfeier von Kleinkühnau zu Pfingsten, das Leopoldsfest und eine Ausfahrt nach Elsnigk waren die ersten Ausflüge in anhaltischen Gefilden.
“Es macht einfach Spaß, so ein altes Eisen am Laufen zu halten”, beschreibt Horn das Gefühl, damit zu fahren. So könnte bald für den Tatra 27 ein eigenes Jubiläum ins Haus stehen – der 3 000. gefahrene Kilometer seit der Wiederinbetriebnahme vor 13 Jahren. Derzeit zeigt der Tacho noch 2 868 Kilometer an. Aber der Grillanzünder für die nächste Ausfahrt steht nur wenige Zentimeter daneben. Es kann jeden Moment losgehen.